Das Gänsenest

Gerade hatte der Osterhase vom Märchenwald Steiermark sämtliche Nestchen versteckt, da fiel ihm auf, dass er noch drei halb angemalte Ostereier vergessen hatte. Die mussten irgendwo in einem Nestchen fehlen…

Rasch zückte er den Pinsel und malte mit sorgfältigen Strichen die Ostereier fertig und ließ sie dann vom Wind trocknen.

Er machte sich eine Tasse heißen Pfefferminztee und während er sie gemütlich austrank, beobachtete er, wie die Farbe auf den Eiern langsam trocknete.

Schnell legte er sie nun in sein Körbchen und hoppelte los, um sämtliche Nestchen noch einmal zu kontrollieren und die fehlenden Eier zu ersetzen. Es sollte an Ostern schließlich keine  Tränen geben…

Und so lief er von Nestchen zu Nestchen, zählte die Ostereier und lief wieder weiter. Er hatte schon fast alle Nestchen kontrolliert, da entdeckte er hinter einer Hecke noch eins. Doch als er sich näherte, wurde er von einer wild schnatternden Gans vertrieben.

Er rieb sich die Augen. Konnte das wahr sein?

Die Gans hatte das Osternestchen als Brutplatz ausgesucht und schien auf den Ostereiern zu sitzen, um sie auszubrüten…

Aber saß sie wirklich auf den Ostereiern? Das wollte der Hase genauer wissen…

Abermals kam er auf das Nestchen zu, so dass sich die Gans flügelschlagend erhob und den Blick auf das Innere des Nestchens freigab.

Es war tatsächlich so, wie der Osterhase es schon fast vermutet hatte: In DIESEM Nest fehlten die drei Ostereier! Und nun lagen an Stelle der bunten Eier ein paar Gänseeier auf dem leeren Platz.

Was sollte er denn jetzt machen? Die Gans würde bestimmt nicht aufhören zu brüten, um das Nestchen freizugeben…

Es gab nur eine einzige Lösung: Der Osterhase musste ein neues Nestchen anlegen. Er platzierte die drei bunten Ostereier ein wenig weiter weg in eine kleine Mulde im Gras. Dann sprang er rasch heim, um ein neues Nestchen und verschiedene Süßwaren zu holen. Und dann ging es los: Er gab etwas frisches Gras in das Nestchen, legte die Ostereier hinein und füllte es mit Drageeeiern, einem Schokoladenhasen und buntem Zuckerzeug auf. Als er wenig später zufrieden heimhoppelte, schaute ihm die Gans noch lange nach.

Am nächsten Tag kamen die Bewohner des Märchenwaldes aus ihren Häusern und begannen, ihre Nestchen zu suchen.

Auch Maulinchen, die kleine Schwester von Maulwurf Mauli war mit Feuereifer dabei.

„Mauli, Mauli, schau doch mal!“, hörte man sie plötzlich rufen. „Ich glaube, wir haben ein Nestchen mehr als sonst!“

Der Bruder kam neugierig näher. „Da sitzt nur eine Gans drauf und brütet!“, fügte sie lachend hinzu.

Vorsichtig näherten die beiden Maulwürfe sich der Gans, die sich gerade wieder aufgeregt schnatternd erhob.

„Ganz ruhig, wir tun dir doch nichts!“, meinte Mauli und schaute sie freundlich an. Es ist schön, dass du hier bei uns brütest. Und ich glaube, ich habe sogar etwas für dich…“

Bei diesen Worten kramte er in seiner Tasche und zog eine Semmel heraus. Er brach sie in kleine Stücke und warf sie der Gans hin.

Sie erhob sich ein wenig, schaute die Maulwürfe dankbar an und reckte dann den Hals, um an die Brotkrumen zu kommen. Es schien ihr gut zu schmecken, denn kurz drauf war alles leergefressen.

Von diesem Zeitpunkt an kamen die beiden Maulwürfe jeden Tag, um die brütende Gans zu besuchen und ihr ein paar Brotkrumen zu bringen. Und eines Tages überraschte die Gans sie mit einer ganzen Schar junger Gänseküken, die wie auf Kommando hinter ihr hertrippelten.

Und als Mauli und Maulinchen nach Hause gingen, folgte ihnen die Gänseschar bis in den Garten. Und seit dieser Zeit bekommen die beiden Maulwurfgeschwister jedes Jahr Besuch von den Gänsen, wenn sie aus dem Winterquartier Richtung Steiermark fliegen…

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