Das verlorene Engerl

Es waren nur noch wenige Tage bis zum heiligen Abend und im Märchenwald Steiermark leuchtete die schöne Weihnachtsbe-leuchtung hell durch die dunkle Nacht. Am Himmel funkelten die Sterne und nur der Schrei eines Käuzchens klang durch die stille, weiße Winterwelt.

Da schien sich eine Sternschnuppe vom Himmel zu lösen, um in Richtung Erde zu fliegen…

Doch es war keine Sternschnuppe. Nein! Es war der Weihnachts-schlitten vom Christkindl und seinen Engerln.

Kurz vor Weihnachten wollte es nachschauen, ob auch alle Kinder brav in ihren Bettchen liegen und träumen. Dann machte es sich Notizen, ob diese Kinder ihre Weihnachtswünsche erfüllt bekommen oder ob sie noch darauf warten müssen.

Wenn das Christkindl sehen musste, dass ein Kind besonders unartig war und gar keine Lust hatte, zu Bett zu gehen, machte es einen Strich unter dessen Namen. Das bedeutete, dass es diese Jahr weniger Geschenke bekam.

Die Engerl halfen dem Christkindl fleißig und schauten überall durch die Fenster, ob alles schlief.

Als der Morgen graute und sie Gefahr liefen, entdeckt zu werden, läutete das Christkind sein silbernes Glöckchen und alle Engerl stiegen rasch in den Schlitten, um wieder zurück in den Himmel zu fahren. Das war nämlich weniger anstrengend, als die ganze Strecke selbst zu fliegen.

Doch diesmal fehlte ein Engerl. Das Christkind schaute überall umher, aber es konnte nichts entdecken.

„Es wird uns schon hinterherfliegen!“, meinte ein dunkelhaariges Engerl beruhigend und das Christkind nickte. Dann ergriff es die Zügel und lenkte die weißen Himmelspferdchen in Richtung der glitzernden Sterne.

Doch unten im Märchenwald versteckte sich zur selben Zeit das gesuchte Engerl. Es wartet nur darauf, dass der Weihnachts-schlitten nicht mehr zu sehen war.

Und jetzt war es soweit…!

Es hatte schon so oft darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn man all die tollen Geräte einmal ausprobieren könnte, die es hier gab. Jetzt bot sich endlich die Gelegenheit!

Und so verbrachte es die Stunden bis zum Sonnenaufgang mit Trampolinspringen und dem Butterfly, mit einer Kanufahrt auf der leicht gefrorenen Riverboatanlage, mit einer Fahrt auf dem Räuberflitzer und der längsten Rutschbahn der Steiermark. Es vergnügte sich in der Piratenschaukel und im Affenrad und hatte so viel Spaß wie schon lange nicht mehr.

Doch nun war es höchste Zeit, in den Himmel zu fliegen, denn  im Märchenwald wurden langsam alle Bewohner wach.

Rasch schwang sich das Engerl hoch in den Himmel und steuerte geradewegs dorthin, wo das Christkindl wartete.

„Wo kommst du denn jetzt her?“, wollte es von dem kleinen Engerl wissen. „Ich… hmmm …ich hatte …Flügelschmerzen.“, flunkerte es und blickte zu Boden. „Ich glaube…., dass du mich anschwindelst!“ sagte das Christkindl und musste sich ein Grinsen verkneifen. „Du hast dich doch im Märchenwald vergnügt! Das seh ich dir doch an der Nasenspitze an!“

Das Engerl wurde rot und schielte mit den Augen auf seine Nasenspitze: „Was ist denn jetzt anders an meiner Nasenspitze?“

„Garnichts!“, lachte das Christkindl. „Ich habe mir gedacht, dass du einfach dort geblieben bist, um Spaß zu haben! Das nächste Mal muss ich dir aber die Flügel abnehmen, wenn du so etwas noch einmal machst!“

„Die Flügel… abnehmen?“, stotterte das Engerl.

„Ja sicher!“, sagte das Christkindl. „Wenn man dich entdeckt hätte, wärst du vielleicht gefangen genommen worden. Und dann hätte man dich bis nach Weihnachten festgehalten! Dann hättest du mir garnicht helfen können,die vielen Geschenke zu verteilen!“

„Daran hab ich garnicht gedacht!“, sagte das kleine Engerl reumütig. „Es tut mir leid und ich will es auch nie mehr wieder tun und immer artig auf dich hören…Wenn ich nur die Flügel behalten darf…“

„Einverstanden!“, sagte das Christkindl und dann rief es alle Engerl aus dem Himmel zusammen, damit die vielen Geschenke endlich eingepackt werden konnten. Und das kleine Engerl bekam die ehrenvolle Aufgabe, auf jedes Geschenk den richtigen Namen zu schreiben.

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